Selbstpublishing – Weshalb ich mich dafür entschied, für wen es sinnvoll ist
Weshalb ich mich für das Selbstpublishing entschied
Mein erstes Buch, Villa Später und andere Lesetexte des Herrn Ivalo, habe ich 2018 im Selbstverlag herausgegeben. Es ist eine Auswahl meiner Texten, die ich über Jahre für Lesebühnen und eine Zeitungskolumne geschrieben hatte. Die Motivation war eher persönlich: Ich wollte gern meine Texte in gedruckter Form vorliegen haben, als Geschenk oder vielleicht sogar, um bei Lesungen einige Exemplare zu verkaufen.
Zuvor hatte ich meine Texte zwei Verlage geschickt. An einen sehr renommierten, bei dem viele Lesebühnenautor*innen publizierten, und an einen lokalen Verlag, der auch Autor*innen mit humorvollen Texten aus der Region veröffentlichte.
Keine Antwort, von beiden. Das fand ich irgendwie auch nicht tragisch, denn insgeheim hatte ich ohnehin den Plan gefasst, alles selbst in die Hand zu nehmen.
Selbstpublishing bedeutete für mich: selbst entscheiden über Inhalte, Gestaltung und Vertrieb. Auch der Umsatz würde bei mir bleiben und nicht nur der Autorenanteil, von dem man ja weiß, dass der nicht üppig ist. Und: Weshalb nicht selbst machen, was die andern nicht wollen?
Wie funktioniert das Selbstpublishing?
Also sollte mein Buch im Selbstverlag erscheinen. Doch musste es überhaupt ein Verlag sein? Ich konnte es doch auch nur drucken lassen und es dann verkaufen und verschenken.
Richtig, doch dann wäre es in meinen Augen kein richtiges Buch, eine ISBN-Nummer sollte es haben und auch ins Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) aufgenommen werden, denn nur dann ist es im Buchhandel bestellbar. Beides kann ich aber nur als Verlag.
Bis ist das Buch in Händen halten konnte, waren also folgende Schritte nötig:
- Gewerbeanmeldung: Für den Selbstverlag musste ich mich als Firma beim Finanzamt anmelden und ein Gewerbe bei meiner Kommune eintragen lassen.
- ISBN-Nummer: Diese ist erforderlich, wenn ein Buch im Buchhandel gelistet sein soll. Man kauft ISBNs im Block, selten einzeln. Entweder 10 oder 100. Ich entschied mich für 100, denn die waren nicht viel teurer als 10. Es sollte also auch noch für meine Memoiren reiche, in 20 Bänden. (Spoiler: 2018 zahlte ich für 100 ISBN-Nummern 226,80 €, heute würde ich für 225,00 € plus MwSt. 10 bekommen, für 100 wären heute 300 € plus MwSt. fällig)
- Eintrag ins VLB: Dadurch wird das Buch offiziell bestellbar. Das klingt großartig, aber der Vermerk „lieferbar“ hilft wenig, wenn niemand es bestellt. Der Eintrag kostet jährlich eine Grundgebühr (2018: 82,11 €), ab dem 17. Buch kostet es mehr.
- Druck: Hier habe ich bewusst eine lokale Druckerei gewählt, obwohl sie etwa 30 % teurer war als Online-Anbieter. Aber für meinen Erstling war mir die persönliche Beratung wichtiger und vielleicht braucht die Druckerei ja auch mal einen Texter …
- Website und Shop: Das konnte ich zum Glück selbst, mit WordPress und WooCommerce war die Verlags-Seite mit eigenem Online-Shop schnell erstellt.
Voilà, nun hatte ich einen Verlag und mein erstes Buch in den Händen, im November 2018. Hätte ich mich nicht zuvor bereits mit einer Firma selbständig gemacht, hätte ich auch noch ein Bankkonto und eine Betriebs-Haftplichtversicherung gebraucht.
Erfahrungen mit der ersten Auflage
Meine Erstauflage betrug 400 Exemplare – das war, so weiß ich heute, definitiv zu viel. Denn sechs Jahre später habe ich noch 250 Exemplare übrig. Ein guter Tipp: Drucke weniger, als die Menge, die du schon für wenig hältst. Wenn du denkst, 200 sind zu wenig, drucke 100. Ich hätte mich für 200 entscheiden sollen, auch wenn dadurch der Stückpreis höher ausgefallen wäre.
Dennoch sehe ich die Geschichte meiner „Villa Später“ als einen Erfolg: Ich konnte immerhin die Kosten durch Verkäufe decken. Und ich hatte genug Exemplare, um sie im Familien- und Freundeskreis so oft zu schenken, bis irgendwann ein leichtes Augenrollen begann.
Hürden beim Vertrieb
Der schwierigste Teil war, mein Buch im Handel unterzubringen. Einige Buchhandlungen nahmen es in Kommission (3 bis 5 Exemplare), eine kaufte sogar 10 Stück direkt. Ein großartiges Gefühl, bis ich lernte, was „Remittenden“ sind: Rückgaben unverkaufter Exemplare, in diesem Fall 8 von 10.
Der Buchhandel hat meine Bücher meist dann genommen, wenn zeitnah eine Lesung war, die auch in den lokalen Medien angekündigt wurde. Allerdings erlebte ich auch Ablehnung: Ein Buchhändler wollte mein Buch nicht in sein Sortiment aufnehmen, allein aufgrund der Tatsache, dass es im Selbstverlag erschienen ist.
Ich vermute, dass in irgendwelchen Lagern noch 3 oder 4 Exemplare schlummern. Ich hätte meine Lieferscheine über Kommissionsware damals besser dokumentieren sollen. Die Fehler der Anfangsjahre.
Persönlicher Gewinn und Netzwerke
Trotz allem war das Buch auch ein Türöffner. Ich konnte neue Kontakte knüpfen und Veranstaltungen organisieren. Gemeinsam mit meinem Illustrator entstanden weitere Projekte, etwa Live-Zeichnungen bei Lesungen. Da schmerzte es, dass er mehr seiner Illustrationen zu meinen Geschichten verkaufen konnte, als ich Bücher!
Zusätzlich ermöglichte es mir Lesungen an meine beiden Standorten, Schwerin und seinerzeit Unna, sowie die Teilnahme an einer großen Literaturveranstaltung. Zwar nicht als Star des Nachmittags, aber zumindest mit einem eigenen Programmpunkt.
Dieses Buch hat mir auch geholfen, mich als Autor zu etablieren. Drei Originalzeichnungen daraus hängen heute gerahmt über meinem Schreibtisch – eine schöne Erinnerung an einen wichtigen Meilenstein. Und daran, dass ich noch weitere Buchideen im Selbstverlag umsetzen möchte.
Wenn nicht durch eine glückliche Fügung ein Literaturagent an mich herangetreten wäre, wären wohl weitere Bücher im Eigenverlag gefolgt. Inzwischen sind vier Bücher von mir in zwei Verlagen und ein weiteres im Selbstverlag erschienen.
Fazit: Lohnt sich Selbstpublishing?
Ein Buch im Selbstverlag herauszubringen ist ein intensives Abenteuer. Von der Idee über Gestaltung und Vertrieb bis hin zu Lagerhaltung und Rückgaben durchläuft man alle Phasen der Buchproduktion. Dabei steckt jede Menge Herzblut in jedem Exemplar, aber oft auch eine gewisse Verletzlichkeit. Der wirtschaftliche Erfolg ist selten groß – es sei denn, man heißt Daniel Kehlmann oder J. K. Rowling. Doch die Erfahrungen und Kontakte, die man gewinnt, sind unbezahlbar.
Ein Buch im Selbstverlag lohnt sich auch wirtschaftlich, wenn man selbst eine große Community über seine Webseite oder Soziale Medien erreicht. Auch wenn man über regelmäßige Veranstaltungen, wie Lesungen oder Seminare, häufig direkten Kontakt zu seiner Zielgruppe hat.
Es lohnt sich ebenfalls, so wie in meinem Fall, wenn man den Prozess des Buches einmal komplett mitgestalten und sich nicht an Verlagsvorgaben halten möchte. Für mich war es zudem ein entscheidender Schritt, mich als Autor mit professionellem Anspruch zu begreifen. Und das war für den Anfang mehr wert als jeder Gewinn.
Ich wage noch einen Ausblick:
Die nächste Phase im Lebenszyklus meines Buchs wird sein, herauszufinden, wo es Stempel mit „Mängelexemplar“ und Aufkleber mit „Sonderangebot: 5 €“ gibt. Ich glaube, im Verlagswesen ist dieser letzte Lebensabschnitt eiones Buches als „verramschen“ ein gebräuchlicher Begriff.
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